2016 schloss in Hannover einer meiner absoluten Lieblingsbuchhandlungen: Litera in der Jakobistraße in der List. Ja, das war für mich ein trauriger Tag, auch wenn ich nicht so häufig dort zu Besuch war, wie ich es gerne gewesen wäre. Aber Hildegard empfahl mir Bücher, die mir ansonsten wahrscheinlich nicht in die Hände gefallen wären. Einmal stolperte ich beispielsweise in ihre Buchhandlung und erzählte ihr von meiner derzeitigen Stimmung und was ich zuletzt gelesen hatte. Daraufhin reichte sie mir Gilles Frau von Madeleine Bourdoux und was soll ich sagen? Dieser Roman zählt bis heute zu meinen Lieblingen. Natürlich kann nicht jede*r Buchhändler*in genau meinen Geschmack treffen. Aber Hildegard konnte das und man spürte bei Litera einfach die Begeisterung und die Liebe für das Medium Buch. Ich reagiere demnach sehr empfindlich darauf, wenn Buchhandlungen schließen wollen, raubt es mir doch irgendwie als Berufsbibliophile ein Stück weit meine Basis. Als ich zu Beginn des Jahres also las, dass die Lindener Buchhandlung auf der Limmerstraße abgegeben werden sollte, brach bei mir ein wenig der Angstschweiß aus. Was ist, wenn sich niemand finden lässt? Was ist, wenn eine weitere Buchhandlung schließt? Was ist, wenn die Buchhandelslandschaft in Hannover noch weiter ausdünnt? Glücklicherweise konnte ich bereits im Frühjahr erahnen, dass die Lindener Buchhandlung weiter Bestand haben wird, nahm doch das Schaufenster zunehmend wieder Gestalt an und ließ die Branche erahnen.
Wie viel Glück sich allerdings tatsächlich hinter den damals noch abgeklebten Fenstern verbergen sollte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Erst als ich ganz spontan nach längerer Abstinenz mal die Zeit für einen ausgiebigen Besuch gefunden hatte, lernte ich Antje kennen, die mich mit ihrer Leidenschaft, ihrer Begeisterung und ihrer Liebe zur Buchhandlung sofort überzeugen konnte. So sehr, dass ich unbedingt über das neue Duo hinter der Lindener Buchhandlung schreiben wollte und wir euch im Anschluss an diesen Bericht gemeinsam ein paar wunderbare literarische Geschenkideen für Weihnachten vorstellen werden. Aber bleiben wir zunächst bei Antje und Stefan, denn so heißen die beiden neuen Inhaber*innen der Buchhandlung. Den Traum von einer eigenen Buchhandlung hegt das in Linden wohnende Paar schon längere Zeit, aber es fehlten einfach noch die geeigneten Räume. Die Aufgabe der Lindener Buchhandlung war da natürlich ein Wink des Schicksals. Vor allem weil das Lindener Paar sich nicht vorstellen konnte, dass in diese Räume eine weitere Burgerbude oder Ähnliches ziehen könnte. „Wir wollten einfach auch, dass die Buchhandlung bleibt“, sagt Antje.
Gut also, dass Antje und Stefan den Zuschlag bekommen haben und nach nur zwei Wochen war die Renovierung dank helfender Hände auch größtenteils gemeistert. Und die Vision von dem neuen Führungsduo ist klar: Die Lindener Buchhandlung soll „mehr“ sein, als nur eine Buchhandlung. Sie soll ein Ort der Begegnung werden, ein Geschäft, in das man einfach gerne geht. „Da kann man reingehen!“, sagte Antje und beschreibt das Gefühl, das sie gerne vermitteln wollen. Denn gerade bei Buchhandlungen scheint die Hemmschwelle etwas größer zu sein und die möchten Antje und Stefan bewusst abbauen. Die Menschen sollen stöbern, die Bücher in die Hände nehmen, ein wenig reinlesen können. „Ich pack auch gerne jedes Buch aus, wenn es noch eingeschweißt ist“, sagt Antje und lacht. Schön wäre es auch, wenn sie die Jugendlichen noch mehr für das Medium Buch zu begeistern könnten. Dafür möchten Antje und Stefan im kommenden Jahr ihr Programm für jugendliche Testleser*innen starten. Jugendliche bekommen auf diesem Wege Jugendromane von der Buchhandlungen gestellt und werden anschließend zu hauseigenen Literaturkritiker*innen. Aber auch für die Erwachsenen haben die beiden einiges in Petto. So schnell kann das also gehen. „Wichtig ist uns, dass wir die Menschen, die in Linden wohnen, hier auch mit einbinden“, sagt Antje. Jenseits der Pandemie träumt sie dabei von regelmäßigen Lesungen im Innenhof oder aber davon, dass Kund*innen im kleinen Kreise selbst ihre Lieblingsbücher vorstellen und im Anschluss darüber diskutieren. Wir finden, dass das richtig gut klingt.
Die Lesungen und Buchvorstellungen müssen zwar noch etwas warten, aber einige andere Pläne konnten Antje und Stefan bereits umsetzen. Zum Beispiel glänzt bereits ihr persönliches Highlight-Regal, in dem sich auch die literarischen Neuheiten und Highlights tummeln. Und die Kinder- und Jugendbuchecke wurde um ein Segment für Graphic Novels erweitert, das aber auch noch wachsen darf. Für mehr Platz im Innenraum zum Stöbern hat sich das Paar von einigen Postkartenständern verabschiedet. Macht aber gar nichts, denn richtig schöne Grußkarten kann man dort immer noch ausreichend finden. Bereits jetzt schon Kult sind die Bycher Tyten, die literarischen Wundertüten, die uns mit ganz ungeahnten Lektüren überraschen. Auf den passenden Einsatz wartet im Hinterzimmer momentan noch ein aufwendig aufgearbeiteter Retro-Tresen aus den 1950er Jahren und eine zauberhafte Vitrine. Sowieso soll sich das derzeit noch zum Lager umfunktionierte Hinterzimmer zur gemütlichen Leseecke entwickeln. Und während wir im Geschäft sitzen und uns unterhalten, kommen immer mehr Menschen in die Buchhandlung. Eine Mutter mit Kind, die sich begeistert auf die Auslage mit den Bilderbüchern stürzen, Erwachsene, die sich zwischen King und Fitzek entscheiden müssen und nebenbei von der kleinen Geschenkauslage zu Weihnachten nicht genug bekommen können. Ein richtig schöner Trubel in der Lindener Buchhandlung. Und ein Ziel haben Antje und Stefan definitiv bereits erreicht: Dass die Menschen, ganz gleich ob groß oder klein, hier hereinkommen und mit Freude stöbern.
Ihr findet die Lindener Buchhandlung auf der Limmerstraße 43. Montags bis freitags ist sie immer von 11 bis 19 Uhr für euch da, samstags von 11 bis 16 Uhr. Für Neuigkeiten könnt ihr der Buchhandlung auch auf Instagram folgen.
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