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Zwischen den Zeilen von Tom Gaulds „Baking with Kafka“

Oder auch: Wo sich Booktober und Inktober perfekt treffen

Der Oktober ist aus mehreren Gründen einer meiner absoluten Lieblingsmonate. Zwei davon liegen darin begründet, dass man ihn auch gerne Booktober nennt oder aber den Inktober ausruft. Der Booktober ist schlicht und ergreifend eine globale Aufforderung, mehr zu lesen. Der Inktober hingegen soll Künstler*innen auf der ganzen Welt dazu animieren, jeden Tag eine kleine Skizze zu einem bestimmten, vorab festgelegten Thema anzufertigen. Die Hashtags #Booktober und #Inktober erfreuen sich daher derzeit wieder großer Beliebtheit. Deswegen haben wir uns für den Oktober auch etwas Feines ausgedacht. Für unsere Kolumne Zwischen den Zeilen verbinden wir einfach beide Events und präsentieren euch auf diesem Wege gleichzeitig einen Liebling der stadt.land.stories-Redaktion.

Im Oktober 2014 erschien eine neue Ausgabe des New Yorkers, die sofort all unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Abgebildet war eine Illustration des schottischen Künstlers Tom Gauld, die einen Strichmenschen inmitten eines Raumes voller aufgetürmter Bücher zeigte. Vor dem Fenster sah man, wie sich ein einsames Herbstblatt vom Baum löste. Eine kurze Recherche später zeigte sich, dass Tom Gauld nicht nur hervorragend zeichnen konnte, sondern auch genau den Humornerv traf. Denn Gauld macht weitaus mehr als hervorragende Cover für den New Yorker zu gestalten. Auch wenn das natürlich einem Ritterschlag in der Cartoonszene gleichkommt. Der in Aberdeen geborene Künstler zeichnet bereits seit 2001 Comics und veröffentlicht diese seit mehreren Jahren unter anderem im Guardian, im New Yorker und im New Scientist.

Für „Baking With Kafka“ konnte Tom Gauld 2018 den begehrten Eisner Award mit nach Hause nehmen

Sein Stil ist bildkünstlerisch gleichzeitig von Einfachheit und Detailverliebtheit geprägt. Gauld wirft seine Strichmenschen je nach Auftrag mal in die Welt der Naturwissenschaft, mal in die weite Welt des literarischen Kanons. Dabei hat Gauld gerade von Ersterer laut eigener Aussagen wenig bis gar keine Ahnung gehabt und sich für seine Aufträge für das New Scientist ausgiebig mit der Wissenschaftscommunity beschäftigt. Seine Cartoons sollen allerdings nicht nur die eingefleischten Wissenschaft-Fans abholen, sondern auch jene Menschen, die weniger Kenntnisse haben. Denn schließlich bündelt er seine Cartoons gerne zu handlichen Sammelbänden, so dass sie auch abseits der Magazinwelt umtriebig sind. Eine gewagte Gradwanderung, die Gauld aber gekonnt zu meistern versteht.

Den oftmals so ernsten Literaturbetrieb nimmt er vor allem in seinem Sammelband Baking With Kafka gehörig auf die Schippe. Hier werden beispielsweise die typischen Fehler demonstriert, die Autor*innen bei einem Radiointerview machen könnten oder aber ein kleiner Test, wie Romane denn eigentlich übersetzt werden (Schwarze Magie? Osmose? Oder aber durch winzige Roboter?). Auch macht Tom Gauld humorvolle Vorschläge für die Zukunft von Bibliotheken und stellt Cocktails für gescheiterte Autor*innen vor. Besonders gelungen sind beispielsweise auch die Tipps für Autor*innen, die ihre Werke während einer Skelett-Apokalypse veröffentlichen wollen. Gaulds Humor ist auf alle Fälle trocken und – wie man heute sagen würde – meta. Kein Wunder also, dass er für Baking With Kafka sogar mit dem begehrten Eisner Award geadelt wurde. Wer jetzt richtig Lust auf Tom Gaulds Humor hat, dem sei gesagt, dass es ziemlich egal ist, mit welchem Werk ihr euch in sein Universum stürzt. Egal ob mit den Sammelbänden Baking with Kafka, Department of Mind-Blowing Theories, You’re all just jealous of my Jetpack, oder aber mit einem seiner Graphic Novels und Kinderbüchern wie Mooncop oder The Little Wooden Robot and the Log Princess – ihr könnt eigentlich nichts falsch machen. Darauf erst einmal einen Lemon Drizzle Cake von Franz Kafka.

Englische Ausgabe
Tom Gauld: „Baking With Kafka“, Canongate Books Ltd, 160 Seiten

Deutsche Ausgabe:
Tom Gauld: „Kochen mit Kafka“, Edition Moderne, 160 Seiten

(Fotos: stadt.land.stories (Header), 1 (Buchcover))

Veröffentlicht in Zwischen den Zeilen

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