„Was soziales Denken angeht, seid ihr aber nicht neu“
Dann kam Corona, und nahezu zeitgleich auch Maries Wunsch, wieder aktiv Innenräume zu begrünen. Außerdem hatte sie das graue Berlin so langsam über. Marie aktivierte ihre Kontakte in die Schweiz und beschloss kurzerhand, wieder nach Zürich zu ziehen. Ihre Spontanität und ihr Mut hatten sich in der Vergangenheit bereits mehrfach ausgezahlt, warum also nicht auch jetzt? Das Konzept sollte ähnlich sein wie bei Bosque, aber eben zusätzlich einen Schwerpunkt auf grüne Raumgestaltung legen. Kaum waren die Grenzen wieder offen, packte Marie Henze an nur einem Tag ihre Taschen und ließ das graue Berlin hinter sich. Der Startschuss für Mary and Plants. In Zürich stellte sie ein Team zusammen und es wurden auch direkt Investor*innen für das neue Unternehmen gefunden. Anders als so manch andere macht Marie nämlich nicht den Fehler, ihre eigenen Kompetenzen zu überschätzen. Klar, in Social Media Marketing und auch in die Betriebswirtschaft arbeitet sie sich gerne Stück für Stück ein. Viel wichtiger ist ihr aber, dass sie sich auf das konzentrieren kann, was einfach ihr Ding ist. Und für alle anderen Bereiche sucht sie sich die passenden Menschen. Dabei kommt es ihr keinesfalls auf Abschlüsse oder anderweitige Papiernachweise an, sondern darauf, was die Person wirklich zu bieten hat. Weiterentwicklung und Vertrauen in das individuelle Können wird hier groß geschrieben.
Auch sonst führt Marie ihr Unternehmen anders, als wir es vielleicht gewohnt sind. Neue Start-ups mit vermeintlich innovativen Ideen sprießen nach wie vor wie Unkraut aus dem Boden. „Was soziales Denken angeht, seid ihr aber nicht neu“, stellt sie fest. Marie verabschiedet sich von sperrigen Berufsbezeichnungen und Hierarchien. Für sie ist klar, dass ihre Mitarbeiter*innen nur dann wirklich wachsen können, wenn sie ihnen Raum für eigene Ideen gibt und ihnen auch Verantwortung zugesteht. Gleichzeitig muss auch sie stets offen für konstruktive Kritik sein, aber ihr gesundes Ego hat damit glücklicherweise kein Problem. „Dauernder Konkurrenzkampf untergräbt das Potential und bringt das Unternehmen nicht weiter“, sagt sie. Die Förderung von weiblichen Nachwuchstalenten ist Marie besonders wichtig. Gerade auch, weil sie genau weiß, wie schwer es Frauen heute immer noch gemacht wird. Mit ihren eigenen, negativen Erfahrungen könnte sie wahrscheinlich ganze Seiten füllen.
Zum Beispiel, wenn sie als Frau auf Messen eher für ihren Haarschnitt gelobt wird, ihr männlicher Kollege aber nach den Hintergründen des Unternehmens gefragt wird. Oder aber, wenn sie immer wieder darauf hingewiesen wird, dass sie unverheiratet sei und keine Kinder hat. Die Message, die hier mitschwingt, ist ganz klar: Als Frau hast du erst dann etwas erreicht, wenn du an einer Hand einen Ring und an der anderen ein Kind hast. Ganz egal, ob du das selbst möchtest oder nicht. Ein Thema, das Marie berechtigterweise wütend macht. Deswegen möchte sie aktiv andere Frauen unterstützen und in ihren Vorhaben bestärken. „Mir tut es weh, wenn ich junge Mädchen mit viel Potential sehe, die zu mir aufschauen, sich aber selbst nicht trauen“, sagt sie und plädiert nicht nur für mehr Mut als Frau, sondern auch für mehr Transparenz von Seiten der Unternehmerinnen. Wichtig ist ihr daher nicht nur, dass sie ihr unternehmerisches Know-how teilt, sondern ebenso zeigt, dass auch ihr Weg nicht immer einfach war und sie sehr viel Mut nötig hatte und hat. Auch die Sprache müsse sich dringend ändern, räumt Marie ein. Wenn eine Frau auf den Tisch haut, dann darf das nicht als emotional oder zickig bezeichnet werden. Ein Wunsch für die Zukunft ist deswegen der Aufbau eines „Female Circles“, bei dem sich Frauen untereinander auf Augenhöhe austauschen und unterstützen können.
Die Ängste streichen und einfach losgehen
Mittlerweile läuft Mary and Plants bereits seit Oktober 2020 und die Pflanzen erweisen sich erneut als Selbstläufer. Romantisieren darf man die Arbeit dennoch nicht, denn nicht selten sitzt Marie noch bis spät in die Nacht am Schreibtisch. Mary and Plants versucht konsequent die eigene Nachhaltigkeit stetig zu verbessern und setzt dabei nicht nur auf regionale Erde, sondern auch darauf, andere Unternehmen hinsichtlich mehr Nachhaltigkeit zu beraten. Außerdem stammen sämtliche Social Media-Beiträge von Marie und bestechen dabei nicht nur durch die angenehme Ästhetik, sondern auch durch die Nahbarkeit und hohe Frequenz. Wer wirklich etwas über Pflanzen lernen möchte, sollte den Account dringend abonnieren. Es ist aber nicht nur die Produktion der Beiträge, die einiges an Zeit schluckt, sondern die Materie an sich. Denn auch hier muss Marie immer wieder aus ihrer eigenen Komfortzone heraustreten und sich mit neuen Entwicklungen im Bereich des Online-Marketings auseinandersetzen.
Aber was ist nun ihr Rezept für die Gründung eines erfolgreichen Unternehmens? Von falschen Momenten für eine Gründung hält sie schon mal ganz offensichtlich nichts. „Das Allerwichtigste ist, dass du deiner Leidenschaft folgst. Wenn du etwas liebst, dann kannst du nichts falsch machen“, so Marie. Das bedeutet aber nicht, dass jede Idee, die man selbst liebt auch von anderen angenommen werden muss. Ein gewisses Gefühl für den Markt und die künftige Zielgruppe sollte vorhanden sein. Wichtig ist auch, dass man sich selbst immer wieder aus der Box holt. „Man muss sich dann eben auch mal mit einem BWLer unterhalten“, sagt Marie und lacht. Einfach auf ein Team setzen, das die eigenen Fähigkeiten ideal ergänzt. Besonders für Frauen sei es ihrer Meinung auch wichtig, dass sie mit anderen Female Founders den Austausch suchen. Schon alleine um zu merken, dass sie mit ihren Visionen, Problemen und Ängsten nicht alleine sind. Die größte Herausforderung besteht für sie allerdings darin, dass man einfach die Ängste streicht und losgeht.
Wo es künftig mit Mary and Plants oder Marie selbst hingehen soll, kann und möchte sie jetzt noch nicht sagen. Schließlich ist sie erst so richtig in Zürich angekommen und fühlt sich mit ihrem neuen Unternehmen und ihrem Team pudelwohl. Auf das Bepflanzen von Balkons und Terrassen hätte sie allerdings wahnsinnig viel Lust und würde das Repertoire von Mary and Plants gerne dahingehend ausbauen. Wir von Stadt.Land.Stories blicken beeindruckt auf die grüne und nachhaltige Spur, die Marie Henze hinter sich her zieht. Es ist zwar schade, dass wir hierzulande nur indirekt von Mary and Plants profitieren können, aber wir können uns von Maries Mut und ihrer Energie anstecken lassen. Warum also darauf warten, dass nur andere die spannenden Geschichten schreiben? Warum nicht einmal selbst die bestehenden Strukturen umkrempeln und außerhalb der eigenen Box denken? Dank Marie wissen wir ja nun, dass das klappen kann.
Hier nochmal alle Links, die ins Grüne führen:
https://www.instagram.com/maryandplants/
https://www.facebook.com/maryandplants/
https://www.instagram.com/bosqueplants/
https://www.the-greens-berlin.de/
https://www.instagram.com/thegreensberlin/
(Fotos: Pressefotos/Mary and Plants/©Rommel Felder)
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